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So trittst du richtig!

So trittst du richtig!

28.04.2021 - Update: 01.09.2021



Zyklische Bewegungsabläufe und die Tatsache, dass der Sattel einen Großteil des Körpergewichts trägt, machen das Fahrradfahren zu einem besonders gelenkschonenden Sport. Falsches Treten kann jedoch zu Beschwerden an den Knien oder Füßen führen. Die richtige Position des Fußes und ein kräftesparendes Treten helfen Fehlbelastungen zu vermeiden, und können dich darüber hinaus auch effizienter fahren lassen. Jean Surmont, Sportwissenschaftler beim Performance-Institut Hycys in Hamburg, erklärt dir, wie du richtig trittst.

Die Fußposition auf dem Pedal

Es gibt, grob gesagt, zwei Arten von Pedalen: Klickpedale und Plattformpedale. Sportliche Fahrradfahrer sind in der Regel mit Klickpedalen unterwegs. Dafür sind spezielle Schuhe notwendig, die an der Sohle mit Metall- oder Kunststoffplatten versehen sind. Diese Platten, die sogenannten Cleats, rasten im Pedal ein – Schuh und Pedal sind also während der Fahrt miteinander verbunden.

Alltagsradler fahren dagegen eher mit klassischen Plattform- oder Blockpedalen, die aus einer Metallachse und gummierten Kunststoffblöcken bestehen. Dafür brauchst du keine speziellen Radschuhe, der Fuß hat keine vorgegebene Position. Allerdings kann ein ungünstig positionierter Fuß zu Fehlbelastungen führen.

Um diese zu vermeiden, solltest du mit deinem Vorfuß, also mit deinem Fußballen, auf dem Pedal aufsetzen. Das erzeugt die maximale Hebelwirkung und schränkt das Sprunggelenk nicht ein. Denn wenn du mit dem Mittelfuß oder der Ferse auf dem Pedal stehst, kann sich das Sprunggelenk nicht mehr zur Seite bewegen. Das muss es aber, um die seitliche Bewegung des Kniegelenks aufzufangen. Das weicht nämlich häufig nach innen oder außen aus während des Tretens.

Bei sportlichen Fahrradfahrern mit Klickpedalen ist es deutlich schwieriger, die ideale Fußstellung zu finden. „Die ideale Position hängt hier sehr stark von der Art des Sports ab. Triathleten möchten die Cleats beispielsweise möglichst weit hinten haben, um die Wadenmuskulatur für das anschließende Laufen zu schonen. Wir empfehlen Sportlern deshalb, ein individuelles Bike-Fitting durchführen zu lassen“, erklärt Jean Surmont.

Der Mythos „runder Tritt“

Die Idee hinter dem runden Tritt zielt auf einen durchgehend perfekten Wirkungsgrad bei jeder Kurbelumdrehung ab. Oder anders ausgedrückt: Er ist das Ideal, beim dem der Fahrer flüssig tritt und in jeder Tretphase Vortrieb erzeugt.

Die Umdrehung eines Pedals gliedert sich in vier Phasen: die Schubphase (Kurbel oben), die Druckphase (Kurbel geht nach vorn-unten), die Zug- oder Gleitphase (Kurbel unten) und die Hub- oder auch Zugphase (Kurbel bewegt sich nach oben). Die größte Kraft wirkt in der Druckphase auf das Pedal, da der Fahrer das Pedal aktiv nach unten schiebt. Bestenfalls sollte er aber auch aktiv Ziehen, um möglichst immer Vortrieb zu erzeugen. Klingt logisch, ist aber koordinativ sehr anspruchsvoll – und auch gar nicht sinnvoll.

Jean Surmont: „Der perfekte runde Tritt bleibt tatsächlich eher eine Theorie. Studien haben ergeben, dass die meisten Fahrradfahrer die Druckphase am besten bedienen und damit den höchsten Wirkungsgrad erzielen. Es gibt tatsächlich eine Zugphase, aber Untersuchungen mit einem EEG zeigten, dass während des aktiven Ziehens eine höhere Muskelaktivität aufgebracht werden musste, ohne eine Leistungssteigerung zu verzeichnen. Das bedeutet für den Fahrradfahrer einen höheren Energieaufwand bei gleichbleibender Leistung.“ Also besser auf andere Faktoren konzentrieren.

Die ideale Trittfrequenz

Die Trittfrequenz gibt die Anzahl der Pedalumdrehungen pro Zeiteinheit, in der Regel pro Minute, an. Je höher die Trittfrequenz, desto kleiner ist die aufzubringende Kraft. Idealerweise sollte sie bei 80 bis 100 Umdrehungen pro Minute liegen.

Eine etwas höhere Frequenz kann einer Überbelastung deiner Gelenke, Sehnen und Muskulatur entgegenwirken, weil du weniger Kraft brauchst, um die Kurbel kreisen zu lassen. Vor allem in Steigungen und Fahrten bei starkem Gegenwind, wenn du also ohnehin schon gegen einen erhöhten Widerstand antreten musst, solltest du runterschalten und mit höherer Trittfrequenz fahren.

Als Alltagsfahrer, der hauptsächlich flach durch die Stadt zum Büro oder Einkaufen fährt, brauchst du dir aber nicht zu viele Gedanken über die Trittfrequenz zu machen. Jean Surmont: „Die ideale Trittfrequenz für den Alltag liegt in der Regel da, wo man sich als Fahrradfahrer auch am wohlsten fühlt.“

Was bewirkt eine hohe Trittfrequenz?

Mit 85 bis 130 Umdrehungen pro Minute befindest du dich im Bereich der hohen Trittfrequenz. Alltagsfahrer ziehen keinen großen Nutzen aus einer hohen Trittfrequenz, im Radsport kann sie aber sinnvoll sein.

„Wer längere Strecken, wie zum Beispiel einen Radmarathon, vor sich hat, sollte zu Beginn eine hohe Trittfrequenz anpeilen. Wir sprechen im Radsport von einer individuell hohen Trittfrequenz, die am Anfang eines Radmarathons zwischen 85 und 110 Umdrehungen liegt. 80 Umdrehungen pro Minute sollten nicht unterschritten werden, denn durch die muskuläre und neuronale Ermüdung während der Fahrt nimmt die Frequenz weiterhin ab“, erklärt unser Experte.

Was bewirkt eine niedrige Trittfrequenz?

50 bis 70 Umdrehungen pro Minute gelten als niedrige Trittfrequenz. Trainiert man mit einer niedrigen Trittfrequenz, möchte man vor allem die schnell zuckenden Muskelfasern ansprechen, um sie ausdauernder zu machen. Schnell zuckende Muskelfasern verbrauchen Kohlenhydrate, während langsam zuckende Muskelfasern auf Fette zurückgreifen.

Jean Surmont: „Den Kohlenhydratverbrauch möchten Marathonfahrer niedrig halten. Denn die Aufnahme von Kohlenhydraten während der Fahrt ist begrenzt und beläuft sich in etwa auf ein Gramm Kohlenhydrate pro Kilo Körpergewicht des Fahrers und Stunde.“

Damit die schnell zuckenden Muskelfasern an Ausdauer gewinnen, müssen sie bei einer niedrigen Trittfrequenz und einer hohen Leistung knapp unter der Laktatschwelle beansprucht werden.

Laktat ist ein saures Stoffwechselprodukt, von dem der Körper unter steigender Belastung immer mehr produziert und entsprechend immer mehr abbauen muss. Kippt dieses Gleichgewicht, übersäuern die Muskeln und werden müde. Das möchten vor allem Radsportler vermeiden, die lange unterwegs sind, zum Beispiel bei Radmarathons.

Kann ich im Alltag große Gänge treten?

Manche Alltagsfahrer denken, es sei besser für ihre Fitness, in einem hohen Gang unterwegs zu sein, andere tun es, weil sie damit schneller vorankommen. Das liegt an der sogenannten Entfaltung: die Laufräder drehen sich in einem dicken Gang öfter pro Kurbelumdrehung, du wirst schneller.

Allerdings nicht lange, denn um bei niedriger Trittfrequenz das Tempo hochzuhalten, brauchst du viel Kraft in den Beinen. Und es belastet Gelenke und andere Körperstrukturen stärker. Deshalb sollten Alltagsfahrer lieber nicht dauerhaft in großen Gängen bei niedriger Trittfrequenz fahren.

Fazit

Für das ideale Treten gibt es keine Pauschallösung. Wer die Füße von Spitzensportlern genauer beobachtet, erkennt markante Unterschiede in Trittstil und -frequenz. Alltagsfahrer können ihre Gelenke schonen, indem sie hauptsächlich die Fußballen belasten. Eine feste Schuhsohle hilft, den Druck des Pedals gleichmäßig über den Fuß zu verteilen. Schalte bei kräftezehrenden Anstiegen oder starkem Gegenwind eher einen Gang zurück, statt im großen Gang dagegen anzutreten.

Wir aus der Bikes.de-Redaktion haben eine große Leidenschaft: Fahrräder. Und diese Leidenschaft wollen wir mit dir teilen. Daher sind wir immer auf der Suche nach neuen, spannenden und relevanten Themen rund ums Rad, die dir Information und Orientierung bieten – und vor allem jede Menge Lust aufs Radfahren machen sollen. Viel Spaß beim Lesen!

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