Immer mehr Menschen sind auf eine Sehhilfe angewiesen, das bestätigt auch der Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen. Stand 2019 waren es in Deutschland 41,1 Millionen Menschen, die gelegentlich oder immer eine Brille benötigten.
Ab einem gewissen Grad der Einschränkung musst du auch beim Lenken eines Kraftfahrzeugs deine Brille oder Kontaktlinsen tragen. Welche Regeln für das Fahrradfahren gelten und welche Sehhilfen sich am besten dafür eignen, haben wir für dich zusammengefasst.
Rechtslage: Radfahren mit Fehlsichtigkeit
Wer den Führerschein für ein Kraftfahrzeug beantragt, muss ein augenärztliches Gutachten anfertigen lassen, das eine Mindestsehleistung von 70 Prozent bestätigt. Erreichst du die Mindestsehleistung von 70 Prozent nur mit einer Brille, wird das in deinem Führerschein vermerkt und du musst sie beim Fahren tragen.
Für das Radfahren gibt es keine Mindestanforderungen an die Sehleistung. Die Grundregeln der Straßenverkehrsordnung gelten trotzdem . Das bedeutet, du musst dich im Straßenverkehr so verhalten, dass du andere Personen nicht gefährdest. Trotz Fehlsichtigkeit musst du dein Fahrrad zu jeder Zeit beherrschen können.
Reicht das Sehvermögen nicht mehr für den Erwerb eines Führerscheins aus, gibt es keine verbindlichen Vorgaben, ob du noch Rad fahren darfst. In diesem Fall solltest du dich mit einem Augenarzt besprechen und eine Empfehlung einholen.
Rein vom gesunden Menschenverstand her betrachtet, solltest du aber aus Sicherheitsgründen auch nicht mit dem Rad durch den fließenden Verkehr fahren, wenn du das mit dem Auto aufgrund deiner Fehlsichtigkeit nicht darfst.
Radfahren bei Fehlsichtigkeit: Diese Möglichkeiten gibt es
Wenn du kurz- oder weitsichtig bist, hast du ab einer gewissen Dioptrienzahl vermutlich ohnehin eine Brille oder Kontaktlinsen. Aber sind die fürs Radfahren auch geeignet – und gibt es Sehhilfen, die speziell für (sportliche) Radfahrer gemacht sind? Ein Überblick.
Radfahren mit Brille
Alltagsbrille
Grundsätzlich ist es sinnvoll, deine Sehhilfe auch im Straßenverkehr zu verwenden. Gelegenheitsfahrer legen kürzere Strecken oft mit ihrer Alltagsbrille zurück. Das ist praktisch, unkompliziert und normalerweise auch völlig okay.
Im Falle eines Sturzes trägst du mit einer gewöhnlichen Brille aber ein gewisses Risiko. Je nach Material könnten die Gläser splittern, der Rahmen brechen und dich verletzen.
Auch wenn du längere Strecken mit einer klassischen Brille zurücklegst oder schnell unterwegs bist, wirst du merken, dass sie nicht optimal dafür ist. Zum einen kann die Alltagsbrille leichter verrutschen, da sie meist keine gummierten Bügelenden und manchmal auch keine Nasenpads hat.
Zum anderen kann am Rahmen der Brille der Fahrtwind vorbei in die Augen wehen. Die fangen dann an zu tränen, im schlechtesten Fall bekommst du eine Bindehautentzündung. Auch Kontaktlinsen sind hier keine echte Alternative, da sie im Fahrtwind trocken werden.
Fahrradbrille
Eine Option für längere Fahrten und/oder sportlich-ambitionierte Fahrer, sind spezielle Fahrradbrillen, das heißt:
- Rahmen und Scheiben bestehen aus bruchfestem Kunststoff
- Bügelenden und Nasenauflagen sind rutschfest
- der Rahmen ist weit um die Augenpartie herumgezogen, um Fahrtwind vorbeigleiten zu lassen, oben schließt er bündig mit der Stirn ab ohne die Sicht nach vorn-oben zu beeinträchtigen
- manche Scheiben sind so ausgerüstet, dass sie nicht beschlagen und/oder Wassertropfen abperlen
Wenn du fehlsichtig bist, hast du verschiedene Möglichkeiten, eine Fahrradbrille auf deine Sehkorrektur-Bedürfnisse einzustellen.
Fahrradbrille und Kontaktlinsen
Die Kombination aus Fahrradbrille und Kontaktlinsen ist eine flexible und vergleichsweise kostengünstige Lösung. Du kannst sowohl die Fahrradbrille und/oder deren Scheiben wechseln oder dir neue Kontaktlinsen holen, wenn sich deine Sehstärke verändert, ohne die Fahrradbrille austauschen zu müssen.
Vorteil : Eine Fahrradbrille lässt sich mit unterschiedlichen Kontaktlinsen kombinieren. Das ist günstiger, da keine Sichtkorrektur in die Fahrradbrillen-Scheiben eingeschliffen werden muss.
Nachteil : Kontaktlinsen können während der Fahrt verrutschen oder austrocknen, wenn die Brille nicht ausreichend schließt.
Fahrradbrille und Korrekturclip
Es gibt sogenannte Clips, die aussehen wie eine Brille ohne Bügel. Die kannst du in deiner Korrekturstärke anfertigen lassen und am Nasensteg deiner Fahrradbrille befestigen. Die Korrekturbrille sitzt dann zwischen Augen und Sportbrillengläsern, sodass du scharf siehst.
Das ist günstiger als Stärken einschleifen zu lassen, geht schnell und ist insofern flexibel, als dass du die Sportbrille (fast) beliebig wechseln oder auch mal auf die Kombination „Sportbrille – Kontaktlinsen" umsteigen kannst.
Allerdings sieht ein Clip immer ein bisschen seltsam aus. Das mag nicht jeder. Und da er dichter am Auge sitzt als die Scheibe der Sportbrille das täte, neigt er auch eher zum Beschlagen.
Vorteil : Der Clip ist preiswert und du kannst ihn mit unterschiedlichen Sportbrillen kombinieren.
Nachteil : Der Korrekturclip benötigt Platz zwischen Auge und Brille, beschlägt leicht und ist deutlich hinter den Brillenscheiben sichtbar. Zudem ist das scharfe Blickfeld auf den Bereich des Clips begrenzt.
Fahrradbrille mit Sehstärke
Eine Fahrradbrille mit Stehstärke ist die komfortabelste, aber auch teuerste Variante. Bei dieser Fahrradbrille wird das Brillenglas auf deine Sehschwäche angepasst. Dadurch hast du scharfe Sicht, auch an den Randbereichen der Sportbrille, zum Beispiel beim Schulterblick.
Zudem ist eine eingeschliffene Stärke von außen nicht sichtbar. Eine Sportbrille mit Sehstärke sieht wie eine normale Sportbrille aus. Allerdings ist das Verfahren recht teuer, da es kompliziert ist, eine Sichtkorrektur in die typischerweise gebogenen Scheiben einer Radbrille einzuschleifen. Außerdem bist du auf diese eine Radbrille festgelegt.
Vorteil : Die Sichtkorrektur ist von außen nicht zu sehen, dein komplettes Sichtfeld ist „scharf".
Nachteil : Diese Option ist teuer und legt dich auf eine Radbrille fest.
Fazit
Auch wenn es hierzulande keine Mindestanforderung an deine Sehleistung gibt, wenn du mit dem Rad unterwegs bist, solltest du dennoch dich und andere nicht gefährden. Als Alltagsfahrer kommst du auf kurzen Strecken meist gut mit normaler Brille oder Kontaktlinsen zurecht.
Dir eine Fahrradbrille zuzulegen, kann sich aber auch in der City lohnen. Denn die sitzt rutschsicher, schützt vor UV-Strahlen, Fahrtwind, Staub und hochfliegenden Steinchen – und lässt sich auf verschiedene Weise an deine Sichtkorrektur-Bedürfnisse anpassen.
Egal welche Variante du favorisierst, achte darauf, dass die Brille angenehm auf der Nase und an den Ohren liegt. Eine Gummierung oder Silikonpolster helfen, Druckstellen zu vermeiden und die Brille sicher am Kopf zu halten. So behältst du auch mit Sehschwäche beim Radfahren im Stadtverkehr und ausgedehnten Touren den Durchblick.