Wenig Platz, zugeparkte Radwege, sich plötzlich öffnende Autotüren, schlechte Sicht und Fahrzeuge, die unvorhergesehen aus einer Parklücke kommen. Parkende Autos werden für Radfahrer immer mehr zum Problem – mehr noch: zur Gefahr.
Fast jeder fünfte Unfall im Fußgänger- und Fahrradverkehr steht in Zusammenhang mit dem Parken, wie eine im Frühjahr 2020 veröffentlichte Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) zeigte. Die Autoren untersuchten die Unfälle der Jahre 2012 bis 2016, analysierten ihre Ursachen und erarbeiteten geeignete Maßnahmen zu deren Vermeidung.
- 18 Prozent der innerörtlichen Fußgänger- und Radfahrerunfälle stehen in Zusammenhang mit dem Parken.
- 44 Prozent dieser Unfälle stehen in direktem Zusammenhang (Ein- oder Ausparken), 56 Prozent in indirektem Zusammenhang (Sichtverengung, Verengung des Verkehrsraums).
- Besonders häufig ereignen sich Dooring-Unfälle, also Situationen, in denen Autotüren unachtsam aufgerissen werden, und Unfälle mit Sichtbehinderungen durch parkende Fahrzeuge.
Wie genau kommt es zu Unfällen im Zusammenhang mit parkenden Autos? Wie kann ihre Zahl in Zukunft verringert werden und wie wird sich die Lage entwickeln?
Wir haben uns die Studie der UDV genauer angeschaut und auch beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club e. V. (ADFC) nachgefragt. Hier geben wir dir die wichtigsten Fakten, stellen die Ergebnisse der UDV-Studie vor und teilen alle Infos und Tipps, die wir vom ADFC erhalten haben.
Ursachen der Unfälle zwischen Radfahrer und parkenden Autos
Grundsätzlich wird zwischen direkten und indirekten Parkunfällen unterschieden. Bei direkten Parkunfällen wird das Fahrzeug oder eine seiner Türen tatsächlich bewegt.
Bei indirekten Parkunfällen ist das geparkte Auto nicht unmittelbar für den Verkehrsunfall, sondern vielmehr für Komplikationen verantwortlich, die das Risiko einer Kollision erhöhen und für Fahrradfahrer zur Gefahr werden können.
Ursachen für Unfälle zwischen geparkten Autos und Fahrrädern in der Studie des UDV:
direkte Parkunfälle | indirekte Parkunfälle |
* Ein- und Ausparken * geöffnete Fahrzeugtüren (Dooring-Unfälle) * Be- und Entladen des geparkten Fahrzeugs | * Sichtverdeckung abseits der Knotenpunkte (Radfahrer oder Fußgänger bewegen sich zwischen parkenden Autos auf die Fahrbahn) * Verengung des Verkehrsraums * Sichtverengung an Knotenpunkten (z. B. an einer Kreuzung) * Sonstige indirekte Unfälle (z. B. Auffahren auf parkende Fahrzeuge) |
Aktuelle Verkehrsplanung benachteiligt Radfahrer
Wie kann es sein, dass Autos überhaupt eine solche Gefahr für Radfahrer darstellen? Wir haben beim ADFC nachgefragt.
„Fahrradunfälle durch 'Dooring', aber auch andere Unfalltypen, sind Folgeerscheinungen einer Auto-fokussierten Verkehrsplanung“, erklärt Rebecka Hoch, Pressereferentin des ADFC. „Zugunsten des Autoverkehrs wurde dem Fahrrad lange Jahre kaum eigener Verkehrsraum zugestanden. Stattdessen müssen Radfahrende oft auf der Fahrbahn – eingequetscht zwischen fließendem Kfz-Verkehr und parkenden Autos – mitschwimmen. Deshalb gibt es bei zunehmendem motorisierten Verkehr und immer breiteren Autos immer mehr Probleme für die Sicherheit von Radfahrerinnen und Radfahrern.“
Maßnahmen zum Schutz von Radfahrern
Radspuren, die den Radfahrer ohne Pufferzone direkt am Parkstreifen entlangführen, seien für ihn eine große Gefahr. Nach Einschätzung des ADFC sollten solche Spuren komplett abgeschafft werden. „Es gibt viel bessere Lösungen für geschützte Radwege, die man zum Beispiel in den Niederlanden finden kann“, so Rebecka Hoch.
Einen Überblick gibt das ADFC-Booklet „So geht Verkehrswende – Infrastrukturelemente für besseren Radverkehr“.
Die sicherste Lösung für alle Beteiligten sei ein niedriges Verkehrstempo und genug Platz für alle Verkehrsteilnehmer – Autos, Radfahrer und Fußgänger. Neben dem Radweg sollte es überhaupt keine parkenden Autos geben.
Wenn man die Parkspur nicht wegnehmen kann, da es an Platz mangelt, Parkplätze aber notwendig sind und die Straße zu stark befahren ist, sollte es eine physische Barriere zwischen Rad- und Autospur geben. Protected Bike Lanes, also Radwege, die baulich von der Verkehrsfläche abgegrenzt sind, erweisen sich als die sicherste Lösung. So gäbe es auch keine Nachteile für andere Verkehrsteilnehmer: Autofahrer würden nicht ausgebremst und Fußgänger vom Verkehr abgeschirmt.
In jedem Fall müssten sowohl Fußgänger als auch Rad- und Autofahrer den Überblick behalten können. „Ein gutes Stück vor der nächsten Kreuzung muss die Parkspur auf jeden Fall enden, damit Radfahrerinnen und Radfahrer wieder in den Sichtbereich des Autoverkehrs geführt werden.“
Tipps für Radfahrer
Bis die Verkehrsplanung Fahrradfahrer besser schützt, empfehlen wir Folgendes:
- Die Dooring-Zone immer im Blick behalten – also genug Abstand zu parkenden Autos einhalten und immer damit rechnen, dass womöglich Türen unachtsam aufgerissen werden.
- Nicht zu schnell auf Kreuzungen zufahren.
- Selbst wenn man als Fahrradfahrer im Recht ist, beziehungsweise Vorfahrt halt, gilt: Der Klügere, der nachgibt, sollte hier immer der mit weniger Blechschutz sein.
- Rechne stets mit den Fehlern anderer Verkehrsteilnehmer und reagiere notfalls blitzschnell, zu deiner eigenen Sicherheit.