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Lenkergriffe: Warum Ergonomie wichtig ist

Lenkergriffe: Warum Ergonomie wichtig is...

23.04.2021 - Update: 05.08.2021



Fahrradfahrer und Bike kommen nur an drei Stellen miteinander in Berührung. Neben Sattel und Pedalen stellen Fahrradgriffe einen dieser Kontaktbereiche dar. Je nach Sitzposition lasten bis zu 30 Prozent des Körpergewichts auf den Fahrradgriffen, Fitting-Experten zufolge sollten es jedoch maximal 20 Prozent sein, um die Hände nicht zu überlasten.

Obwohl die Griffe damit essenzielle Bestandteile des Fahrrads sind, kommt ihnen oft nur wenig Beachtung zu. Wir haben zusammengefasst, inwiefern sie die Haltung deiner Hände beeinflussen, verschaffen dir einen Überblick über verschiedene Typen von Fahrradgriffen und erklären, was ergonomische Modelle sind und ob sie sinnvoll sind.

Welche Rolle spielen Fahrradgriffe?

Lenkergriffe sitzen links und rechts an den Enden deines Fahrradlenkers. Manche sind voluminöser, einige wirken fast futuristisch in ihrer geschwungenen Form, andere sind eher schlicht und schmal.

Ihre Aufgabe ist es, den Griff angenehmer und rutschsicherer zu machen als wenn du das nackte Lenkermaterial (für gewöhnlich Alu, Carbon oder Stahl) umfassen würdest. Darüber hinaus sollten die Lenkergriffe bestenfalls deine Handgelenke, Sehnen und Nervenbahnen entlasten. Sonst könnten unangenehmes Kribbeln und Taubheitsgefühle die Folge sein, vor allem, wenn du längere Strecken auf dem Bike zurücklegst.

Da das Fahrrad für viele Menschen mehr als nur ein Fortbewegungsmittel ist, wurden für verschiedene Fahrräder auch verschiedene Lenkergriffe entwickelt. Griffe für den Alltag sollten möglichst ergonomisch gebaut sein, während bei Griffen für das Gelände eine konische Form vorteilhaft sein kann. Mehr zu den verschiedenen Typen von Fahrradgriffen findest du weiter unten im Text.

Eine Ausnahme bilden Rennräder und Triathlonbikes. Sie haben Lenkerband um den Lenker gewickelt, Rennräder besitzen als Pendant zum Lenkergriff, wenn man so möchte, eine Art gummierten Griffhöcker, in den die Brems- und Schaltgriffe integriert sind. In diesem Beitrag möchten wir uns jedoch auf die klassischen Griffe konzentrieren.

Anatomie der Hand

Wer auf dem Fahrrad sitzt, hält sich am Lenker fest. Knicken dabei die Handgelenke zu stark ab, kann das Nerven, Sehnen und Blutgefäße komprimieren.

Der Ulnarnerv verläuft zum Beispiel im Bereich des Kleinfingerballens knapp unterhalb der Hautoberfläche und versorgt den kleinen Finger und den Ringfinger, der Medianusnerv, der durch den Daumenballen und den Karpaltunnel verläuft, ist für Daumen, Zeige- und Mittelfinger zuständig. Eine sensible Konstruktion, die bei zu hohem punktuellen Druck mit Kribbeln und Taubheitsgefühlen reagiert. Wird der Medianusnerv geklemmt, spricht man auch vom Karpaltunnelsyndrom.

Doch nicht nur die Hände schmerzen, wenn du mit Lenkergriffen unterwegs bist, die nicht zu dir passen: Ein suboptimaler Griff kann sich auch negativ auf den Nackenbereich auswirken und dort zu Verspannungen führen.

Grifftypen

Wer denkt: „Griff ist Griff“, sollte einmal genauer hinschauen. Denn nicht nur die Formen der Lenkergriffe unterscheiden sich teils gravierend, auch deren Härtegrad variiert und beim verwendeten Material gibt es ebenfalls große Unterschiede.

Ergonomische Griffe für Citybikes

Ergonomische Griffe sind so gebaut, dass sie zur Anatomie der Hand passen. Meist ist die Auflagefläche für die Hand außen größer, was den Druck flächiger verteilen und verhindern soll, dass das Handgelenk übermäßig abknickt. Denn die ergonomische Form soll Hand und Handgelenk stützen und in eine geradere Haltung führen.

Der GP1 der Firma Ergon soll beispielsweise den Komfort auf dem Bike für Touring- und Fitnessfahrer erhöhen. Er gehört zu den sogenannten Flügelgriffen, die sich nach außen hin verbreitern, zudem ist er in verschiedenen Größen zu haben.

Auch SQLab setzt auf Flügel, zum Beispiel beim 702. Dessen Innenseite ist im Vergleich zur Außenseite erhöht, was der natürlichen Handstellung entsprechen und dadurch die dortigen Strukturen entlasten soll. Das Griffende ist hochgezogen, um die Hand zu stabilisieren. Auch ihn gibt es in unterschiedlichen Größen.

Vorteil ergonomischer Griffe: Ergonomische Griffe können Fahrräder für den Alltagsgebrauch deutlich aufwerten und Problemen mit den Händen beim Fahren verringern oder verschwinden lassen.

Nachteil ergonomischer Griffe: Durch die komfortable Form und die weiche Konsistenz federn diese Griffe Unebenheiten in der Fahrbahn nicht so gut ab.

Griffe für Mountainbikes

Ergonomie hört nicht an der Straßenkante auf. Auch und gerade im Gelände ist es wichtig, dass auch in holprigem Gelände keine Druckschmerzen an den Händen entstehen und du dein Bike in jeder Situation fest im Griff hast. Das heißt: Lenkergriffe fürs Mountainbike müssen der Handanatomie angepasst und außerdem rutschfest sein.

Der GP2 von Ergon bietet einen ergonomischen Flügelgriff, der für das Mountainbike zusätzlich mit einem Zwei-Finger-Barend, also kleinen Hörnchen an den Außenenden, ausgerüstet wurde. Am sogenannten „Lenkerhörnchen“ kannst du dich bei Bergfahrten festhalten oder deine Hände in ruhigen Passagen in eine andere Position bringen.

Großzügige Geleinlagen im Cobra BHG-96 von BBB sollen auch auf langen Touren für Komfort sorgen. Ein Sechseck-Wabenmuster im Gummi soll die Oberfläche griffig und rutschfest machen. Diese Lenkergriffe kannst du mittels eines integrierten Sicherungsrings einfach und schnell am Lenker verschrauben.

Vorteil Mountainbikegriffe: Lenkergriffe für Mountainbikes sind robuster und federn ruppige Untergründe gut ab.

Nachteil Mountainbikegriffe: Griffe für MTBs sind verglichen mit Lenkergriffen für Citybikes oftmals teurer.

Griffe für All Mountain und Downhill

Diese Griffe verzichten auf große Auflageflächen und sind auf maximalen Grip und satte Dämpfung ausgelegt. Die konische Form ist nicht ergonomisch, aber sorgt dafür, dass du den Lenker mit der Hand umschließen kannst, ohne viel Kraft aufzuwenden.

Wer Wurzelpassagen überquert, über Felsabsätze rollt oder mit vollem Speed abwärts fährt, weiß: Eine rutschfeste Oberfläche ist das A und O bei Downhillgriffen. Die Wahl des Oberflächenmaterials fiel beim AC-LCK-DH-A1 aus dem Hause SRAM deshalb auf Silikon, das neben seiner Rutschfestigkeit auch gute Dämpfungseigenschaften hat. Zwei Schraubringe und ein Innenflansch sollen verhindern, dass die Griffe verrutschen, selbst dann noch, wenn dein Lenker bebt.

Der AG1 von ODI soll mittels eines kantigen grauen Streifens zusätzlichen Halt bieten und verhindern, dass sich die Hand am Lenker verdreht. Besonders, aber nicht nur, wenn deine Hände durch Bodenunebenheiten und unsanfte Landungen bereits müde sind, kann sich das positiv bemerkbar machen.

Vorteil von All-Mountain- und Downhill-Griffen: Dank der rutschfesten Oberfläche behältst du die volle Kontrolle über deinen Lenker. Diese Griffe kombinieren verlässlichen Grip mit satter Dämpfung.

Nachteil von All-Mountain- und Downhill-Griffen: Die konische Form des Lenkergriffs ist für die schnell wechselnde Handhaltung im Gelände optimiert und eignet sich weniger für Citybikes.

Material

Kunststoffe, Gummi und Silikon

Die nicht sichtbaren Innenklemmen bestehen fast immer aus Aluminium, während die Lenkergriffe selbst meist aus einer Kombination aus Kunststoff und Gummi gefertigt sind. Ein harter Kunststoffkern gibt Stabilität, ein weicherer, äußerer Gummi dämpft Schläge und sorgt für die nötige Griffigkeit. Gummi ist sehr leicht und ausgesprochen rutschfest.

Lenkergriffe aus Silikon passen sich deiner Hand immer wieder neu an und sind ideal für längere Ausfahrten. Im Gegensatz zu Gummi wird ihre Textur auch bei Regenwetter niemals klebrig. Ihre weiche Konsistenz und die damit einhergehende Nachgiebigkeit machen Lenkergriffe aus Silikon aber auch relativ kurzlebig.

Naturmaterialien

Umweltbewusste Radfahrer ziehen die Verarbeitung von Naturmaterialien vor. Zu Recht: Die Schweißaufnahme ist bei natürlichen Materialien besser und auch die Haptik wird von vielen Fahrradfahrern bevorzugt.

Die Haptik von Kork beschreiben Fahrradfahrern mitunter als „warm". Ein Fahrradgriff aus Kork passt sich deiner Hand gut an, hält aber je nach Bauweise nicht so lange wie vergleichbare Modelle aus Kunststoff.

Kork ist nicht gleich Kork: Durchgängig geschnittener Naturkork (0,3 Millimeter) muss mit einer Schicht Moosgummi verklebt werden. Diese Kombination wird um einen Kunststoffträger gespannt. Die durchgängige Korkschicht absorbiert Schweiß zwar wunderbar, aber weicht dadurch auf und zeigt durch die Reibung relativ früh Verschleißerscheinungen.

Gängiger sind Modelle, die aus zusammengeklebtem Korkschrot bestehen und deshalb haltbarer sind. Wer auf Kork ausweicht, weil er auf Weichmacher mit Kontaktallergien reagiert, sollte sich jedoch informieren, welche Klebstoffe im verwendeten Material enthalten sind.

Daneben gibt es auch Fahrradgriffe aus Leder, die das Fahrrad optisch aufwerten können. Waren Ledergriffe früher eher an Liebhaberbikes und Oldtimer-Fahrrädern zu finden, setzen in den letzten Jahren Hersteller wie die Firma Schindelhauer auch auf ergonomische Fahrradgriffe für moderne Bikes.

Wer sich für einen ergonomischen Lenkergriff aus Leder entscheidet, muss dafür aber ein bisschen tiefer in die Taschen greifen.

Passform

Damit der Lenkergriff seinen Job machen kann, muss er sowohl zum Lenker als auch zur Fahrerhand passen. Darauf kommt es an:

Durchmesser

Lenker

Jeder Lenkergriff kann auf jeden handelsüblichen Fahrradlenker gesteckt werden. An den Enden des Fahrradlenkers, dort wo die Griffe montiert werden, beträgt der Durchmesser immer 22,2 Millimeter.

Griff

So verschieden die Hände von Fahrradfahrern sind, so unterschiedlich fallen auch die Durchmesser der Griffe aus. Die gängigsten ergonomischen Modelle haben einen Außendurchmesser zwischen 30 und 35 Millimetern.

Allgemein gilt: Eine vergrößerte, ergonomische Auflagefläche vermindert das Abknicken des Handgelenks und sorgt für mehr Komfort. Wer aber zum Beispiel mit einem Cross-Country-Bike unterwegs ist, wird öfter seine Handhaltung ändern und profitiert von einem Griff mit rundem Querschnitt und konstantem Durchmesser.

Länge

Die Länge der Griffe ist hingegen nicht genormt, denn jede Hand ist anders.

Neben deiner Anatomie spielt aber auch deine Schaltung eine Rolle. Nabenschaltungen mit Drehgriff brauchen unter Umständen Lenkergriffe mit zwei unterschiedlichen Längen. Auf der Seite der Drehgriffschaltung muss der kürzere Griff montiert werden, der an den Drehgriff anschließt.

Beim Kauf von Fahrradgriffen gilt also: Unbedingt beim Händler ausprobieren!

Tipp: Verwendest du in der Regel Fahrradhandschuhe, dann solltest du sie auch bei der Griffprobe tragen. Richte dein Augenmerk außerdem darauf, dass du Bremshebel und Gangschaltung zuverlässig erreichst.

Unscheinbar und einflussreich

Unabhängig davon, mit welchem Fahrradtyp du unterwegs bist, sollte jeder Fahrradgriff diese drei Grundvoraussetzungen erfüllen.

• optimale Handhaltung während der Fahrt

• Möglichkeit, den Griff am Lenker zu variieren

• abrutschfreies Halten des Fahrradlenkers

Die Wahl deiner Fahrradgriffe kann sich ziemlich unmittelbar auf Fahrkomfort und -spaß sowie langfristig auf die Gesundheit deiner Handgelenke auswirken. Denn auch ein gut eingestellter Lenker funktioniert erst mit den richtigen Fahrradgriffen ideal. Lass dich am besten von einem Fachmann beraten, um die passenden Lenkergriffe für dich zu finden.

Wir aus der Bikes.de-Redaktion haben eine große Leidenschaft: Fahrräder. Und diese Leidenschaft wollen wir mit dir teilen. Daher sind wir immer auf der Suche nach neuen, spannenden und relevanten Themen rund ums Rad, die dir Information und Orientierung bieten – und vor allem jede Menge Lust aufs Radfahren machen sollen. Viel Spaß beim Lesen!

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