E-Bikes sind beliebt. Laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) wurden im Jahr 2020 rund 43 Prozent mehr motorunterstützte Fahrräder verkauft als im Vorjahr. Rund sieben Millionen Pedelecs sind derzeit auf den deutschen Straßen unterwegs. Allerdings nicht immer unfallfrei.
Das Statistische Bundesamt meldete in der Unfallstatistik von 2020 zwar einen generellen Rückgang an tödlichen Fahrradunfällen. Die Zahl der getöteten E-Bike-Fahrer stieg jedoch um 19,1 Prozent auf 137 Fälle.
Auffällig: Laut Statistik verunglücken Pedelecfahrer öfter allein, ohne Kollision mit einem Pkw, was Experten unter anderem auf die hohen Geschwindigkeiten und das Mehrgewicht des motorisierten Rades zurückführen.
Wer sein Pedelec beherrscht, kann das Risiko für einen Unfall senken – und bei einem E-Bike-Fahrsicherheitstraining lernst du genau das: Fahrradbeherrschung.
E-Bike-Fahrsicherheitstraining: was du können solltest
Im Allgemeinen soll ein Fahrsicherheitstraining mit dem E-Bike erst einmal ein Gefühl dafür vermitteln, wie sich ein motorunterstütztes Fahrrad verhält.
Neben Menschen, die bisher ein normales Fahrrad genutzt haben und aufs E-Bike umgestiegen sind oder umsteigen wollen, kann ein solches Training auch sinnvoll sein für E-Bike-Wiedereinsteiger.
Zuerst: E-Bike anpassen
Zunächst einmal ist es wichtig, dass die Startvoraussetzungen stimmen, das heißt zum Beispiel, Sattelhöhe, Abstand der Bremsgriffe zum Lenker und Lenkerhöhe müssen auf deine Körpergröße eingestellt sein. Das macht am besten ein erfahrener Händler oder Bikefitter.
Zudem sollten Akku und Tacho geladen und die Reifen aufgepumpt sein. Wie hoch der Reifendruck sein sollte bzw. darf, steht meist auf der Reifenflanke vermerkt.
Reaktionen einschätzen lernen
Um dein E-Bike unter Kontrolle zu behalten, musst du wissen, wie es in verschiedenen Situationen reagiert. Das Fahrverhalten verändert sich zum Beispiel allein aufgrund des höheren Gewichts, unter anderem wird der Bremsweg länger.
Je nachdem, wo der Motor sitzt, kann sich der Schwerpunkt des Pedelecs verändern, was ebenfalls Einfluss auf das Fahrverhalten hat. Ein tiefer Schwerpunkt gibt Stabilität, macht das Pedelec aber auch träge, zum Beispiel, was Lenkimpulse betrifft.
Zudem solltest du einkalkulieren, dass der Schub deutlich größer ist als bei einem Fahrrad ohne Motor. Probiere das Anfahren deshalb auf einem leeren Parkplatz oder an einem anderen verkehrsfreien Ort. Es kann durchaus sein, dass die Anfahrhilfe verzögert, dann aber ruckartig anspringt.
Üben solltest du auch den Einsatz der Bremsen. Generell und vor allem bergab. Dann nämlich erreicht das E-Bike aufgrund seines Gewichts leicht hohe Geschwindigkeiten.
Wer jetzt kopflos in die Bremsen greift, riskiert einen Sturz, denn die Stopper beißen der Fahrzeugpower entsprechend zu. Es gilt, das feinfühlige Dosieren zu lernen.
E-Bike-Fahrtechnik: Tipps für Übungen
Das E-Bike ist auf dich eingestellt, du hast die ersten Fahrversuche erfolgreich hinter dir. Nun kannst du konkrete Fahrsituationen üben. Dass du vorausschauend unterwegs sein solltest, versteht sich eigentlich von selbst.
Das heißt einerseits, auf andere Verkehrsteilnehmer zu achten, andererseits, die Strecke vor dir zu scannen, um Schäden im Straßenbelag, Hindernisse wie am Straßenrand parkende Autos und dergleichen frühzeitig zu erkennen und entsprechend Zeit zum Reagieren zu haben.
Am besten machst du zumindest das erste E-Bike-Fahrsicherheitstraining unter professioneller Anleitung. Das hat den Vorteil, dass dir ein Fachmann zusieht, der korrigieren und Tipps geben kann. Das macht das Pedelec-Fahrsicherheitstraining effizienter.
Gleichgewicht halten
Damit du dein E-Bike auch dann sicher im Griff hast, wenn du dich in Kurven legst oder nur eine Hand am Lenker hast, z. B. beim Abbiegen, ist es wichtig, dein Gleichgewicht zu schulen.
Fahre dazu auf einer verkehrsfreien Fläche abwechselnd nur mit der rechten oder nur mit der linken Hand am Lenker. Wenn du dich sicher fühlst, kannst du auch kleine Lenkbewegungen machen, anstatt nur geradeaus zu fahren.
Eine weitere Übung fürs Gleichgewicht ist, so langsam wie möglich auf einem geraden (Kreide-)Strich auf dem Boden entlangzufahren, ohne die Füße auf den Boden setzen zu müssen.
Richtig bremsen
Wer zu sanft bremst, kommt eventuell nicht rechtzeitig zum Stehen. Wer zu beherzt an den Bremshebeln zieht, steigt mitunter unfreiwillig über den Lenker ab.
Um die Kraft deiner E-Bike-Bremsen einschätzen und dosieren zu lernen, suche dir eine verkehrsfreie Fläche und male entweder einen Kreidestrich auf den Boden oder baue mit zwei Radflaschen ein Durchfahrtstor.
Nun nimmst du einige Meter Anlauf, beschleunigst leicht und versuchst, möglichst punktgenau an der Linie bzw. zwischen den Flaschen zum Stehen zu kommen. Schieb beim Bremsen deinen Po auf dem Sattel zurück, diese Gewichtsverlagerung verhindert, dass das Hinterrad sich hebt. Taste dich langsam an die richtige Bremsdosierung heran, fang lieber mit etwas zu wenig als gleich mit zu viel an.
Geschmeidiges Kurvenfahren
Da E-Bikes schwerer sind, ist die Massenträgheit höher, wodurch sich der Kurvenradius vergrößert. Daran solltest du dich gewöhnen, bevor du mit deinem Pedelec in den dichten Stadtverkehr oder ins Gelände gehst.
Am besten stellst du dir dazu einen klassischen Slalomparcours auf einem leeren Parkplatz auf. Dafür kannst du Radflaschen nehmen oder, wenn vorhanden, Pylonen. Auf jeden Fall etwas, das beim Touchieren leicht umkippt und nicht dich zu Fall bringt.
Stelle sie erst so weit auseinander, dass du problemlos durchfahren kannst, ohne einen Fuß absetzen zu müssen. Fühlst du dich sicher, verringerst du den Abstand nach und nach.
Tipp: Bewege nicht nur den Lenker, sondern verlagere auch dein Gewicht auf die Kurveninnenseite. Schaue dorthin, wohin du fahren möchtest, nicht auf die Flasche oder Pylone.
E-Bikes für Senioren
Gerade für Senioren sind E-Bikes eine interessante Alternative zum Fahrrad, um mobil zu bleiben. Zumal eine niederländische Studie ergab, dass die motorisierten Fahrräder für Senioren nicht gefährlicher sind als normale Velos. Zumindest nicht aufgrund der höheren Geschwindigkeit.
Da ältere Menschen aber oft
- weniger Kraft haben, z. B., um das E-Bike sicher aufrecht zu schieben,
- weniger agil sind, was das Auf- und Absteigen erschwert,
- langsamer reagieren und
- schlechter sehen und potenziell gefährliche Situationen dadurch später erkennen,
ist ein E-Bike-Fahrsicherheitstraining umso wichtiger, damit das Bike-Handling nicht die gesamte Aufmerksamkeit erfordert und zu einem großen Unsicherheits- und Unfallfaktor wird. Beherrscht ein alter Mensch sein E-Bike, kann es seine Mobilität vergrößern und sein Leben bereichern. Das gilt übrigens auch für junge Leute.